Joseph Haydn: Die sieben letzten Worte des Erlösers am Kreuze Hob. XX/2 (1795-1796)
Meditative Musik zum Karfreitag
Joseph Haydns monumentales Werk „Die sieben letzten Worte unseres Erlösers am Kreuze“ gehört zu den eindrucksvollsten und spirituell tiefsten Schöpfungen des 18. Jahrhunderts. Ursprünglich als Auftragskomposition für den Priester Dr. José Saenz de Santamaría, Marqués de Valde-Inigo, in Cádiz entstanden, wurde das Werk vermutlich am Karfreitag 1787 in der Santa Cueva unterhalb der Pfarrkirche Santa Rosario erstmals aufgeführt.
Ursprung und Idee des Werkes
Der Auftrag an Haydn lautete, sieben langsame, kontemplative Sätze zu komponieren – je einen zu den sieben letzten Worten Jesu am Kreuz.
Jeder Satz sollte eine Phase der Betrachtung und Stille musikalisch ausfüllen und so den meditativen Charakter des Karfreitagsgottesdienstes unterstreichen.
Haydn selbst beschrieb die Atmosphäre der Aufführung in Cádiz mit eindringlichen Worten:
„Man überzog an dem bestimmten Tage die Wände, Fenster und Pfeiler der Kirche mit schwarzem Tuche,
und nur eine in der Mitte hängende Lampe von großem Umfange erleuchtete das heilige Dunkel.
Zu einer bestimmten Stunde wurden alle Thüren verschlossen, und die Musik begann.
Nach einem Vorspiele bestieg der Bischof die Kanzel, sprach eines der sieben Worte aus,
und stellte eine Betrachtung darüber an.
Sobald sie geendiget war, stieg er von der Kanzel herab, und fiel knieend vor dem Altar nieder.
Die Musik füllte diese Pause aus.“
Eine Herausforderung der besonderen Art
Haydn selbst bezeichnete die Komposition dieser sieben Adagios als eine seiner schwierigsten Aufgaben:
„Es war gewiß eine der schwersten Aufgaben, ohne untergelegten Text,
aus freyer Phantasie sieben Adagios auf einander folgen zu lassen,
die den Zuhörer nicht ermüden, und in ihm alle Empfindungen wecken sollten,
welche im Sinne eines jeden von dem sterbenden Erlöser ausgesprochenen Wortes lagen.“
Gerade diese Beschränkung auf die reine musikalische Sprache verleiht dem Werk seine außergewöhnliche Ausdruckskraft und Tiefe.
Bedeutung und Wirkung
Haydn selbst betrachtete Die sieben letzten Worte unseres Erlösers am Kreuze als eine seiner gelungensten Arbeiten.
Das Werk existiert in mehreren Fassungen – für Orchester, Streichquartett, Orgel und später auch in einer oratorischen Bearbeitung mit Chor.
Bis heute wird es vielerorts am Karfreitag aufgeführt – als Moment der Besinnung, der Stille und der musikalischen Meditation über das Leiden und Sterben Christi.
Mitwirkende
Capella Paulana
- Dominik Hellsberg, Violine
- Georg Wimmer, Violine
- Robert Bauerstatter, Viola
- Benedikt Hellsberg, Violoncello
Wiener Kammerchor
Michael Grohotolsky, Gesamtleitung